Die Fünf Antreiber in der Transaktionsanalyse: Ein Weg zu mehr Selbstreflexion

Wer kennt das nicht auch – es ist Sonntag und wir nehmen uns fest vor, endlich mal einen Tag nur für uns selbst zu haben. Keinen Stress, keine To-Do-Liste, einfach entspannen. Doch schon am Morgen merken wir, wie schwer uns das fällt. Statt das neue Buch zu lesen, räumen wir die Wohnung auf, checken die E-Mails und fangen an, die Woche zu planen. Vielleicht ruft auch noch ein Freund an und fragt, ob wir spontan beim Umzug helfen können. Eigentlich hatten wir uns ja fest vorgenommen, den Tag für uns zu nutzen, doch ohne lange nachzudenken, sagen wir zu. Und am Abend sind wir völlig erschöpft und fragen uns, warum wir es nie schaffen, einfach mal abzuschalten. Solche Momente machen deutlich, wie sehr wir oft von unbewussten Antreibern gesteuert werden.

In der Transaktionsanalyse gibt es für diese Botschaften ein Konzept. Die sogenannten Antreiber. Diese inneren Botschaften prägen oft unbewusst unser Denken und Verhalten, sie wirken wie innere Regeln, die wir – meist aus der Kindheit – übernommen haben. In diesem Blogartikel geht es um die fünf klassischen Antreiber und wie sie unser tägliches Leben beeinflussen.

Was sind Antreiber in der Transaktionsanalyse?

Antreiber sind tief verwurzelte Verhaltensmuster, die meist unbewusst wirken und aus frühen Erfahrungen resultieren. Sie sind Botschaften, die wir in der Kindheit aufgenommen haben und die uns zu bestimmten Verhaltensweisen „antreiben“. Diese Muster entstehen durch Erwartungen und Anforderungen, die wir von Eltern, Lehrern oder anderen wichtigen Bezugspersonen verinnerlicht haben.

Die fünf zentralen Antreiber, die Eric Berne und später seine Schüler und Schülerinnen beschrieben haben, sind:

  1. Sei perfekt!
  2. Beeil dich!
  3. Streng dich an!
  4. Mach es allen recht!
  5. Sei stark!

Schauen wir uns diese Antreiber im Detail an und wie sie sich in unserem Alltag manifestieren.

1. Sei perfekt!
Der Antreiber „Sei perfekt“ fordert uns auf, alles makellos und fehlerfrei zu machen. Menschen, die von diesem Antreiber gesteuert werden, haben oft einen hohen Anspruch an sich selbst. Sie streben nach Perfektion in jedem Bereich ihres Lebens, sei es im Beruf, in Beziehungen oder bei kleinen Alltagsaufgaben. Oft neigen sie dazu, selbst kleinste Fehler als Versagen zu werten, was zu Selbstzweifeln führen kann.

  • Positive Seite: Ein starkes Streben nach Qualität und Genauigkeit, hohe Verantwortungsbereitschaft.
  • Negative Seite: Hohe Selbstkritik, Angst vor Fehlern, Schwierigkeiten, Aufgaben abzuschließen.

Beispiel: Lisa ist eine Grafikdesignerin, die an einem Logo für einen Kunden arbeitet. Sie hat bereits Stunden in das Design investiert und ist fast fertig.
Antreiberverhalten: Obwohl das Logo gut aussieht und der Kunde die Entwürfe bereits gelobt hat, verbringt Lisa weitere Stunden damit, kleinste Details zu perfektionieren. Sie fürchtet, dass der Kunde nicht zufrieden sein könnte, wenn es nicht absolut fehlerfrei ist. Lisa überarbeitet das Design immer wieder, weil sie sich selbst so hohe Standards setzt, dass sie Angst hat, es könnte nicht gut genug sein.
Alternative Handlung: Lisa könnte sich bewusst machen, dass sie bereits hochwertige Arbeit geleistet hat und dass „gut genug“ in diesem Fall auch wirklich ausreichend ist. Sie könnte sich klare Deadlines setzen, um zu verhindern, dass sie zu viel Zeit mit Perfektionismus verbringt.

2. Beeil dich!
„Beeil dich“ ist ein Antreiber, der ständige Eile und Dringlichkeit vermittelt. Menschen, die von diesem Antreiber getrieben werden, haben das Gefühl, nie genug Zeit zu haben. Sie neigen dazu, immer hektisch zu sein und sich gestresst zu fühlen, auch wenn es keinen offensichtlichen Zeitdruck gibt.

  • Positive Seite: Effizienz, schnelle Reaktionsfähigkeit.
  • Negative Seite: Stress, Nervosität, Überforderung, Probleme, den Moment zu genießen.

Beispiel: Tom bereitet sich morgens auf die Arbeit vor. Er steht früh auf, hat ausreichend Zeit, um sich fertig zu machen, doch er hetzt durch die Wohnung.
Antreiberverhalten: Obwohl Tom mehr als genug Zeit hat, hat er das ständige Gefühl, sich beeilen zu müssen. Er isst sein Frühstück schnell, vergisst dabei fast seine Tasche und rennt zur Tür hinaus, als wäre er spät dran, obwohl er eigentlich noch Zeit hätte. Dieser Drang zur Eile verursacht unnötigen Stress.
Alternative Handlung: Tom könnte sich bewusst entschleunigen und sich fragen, warum er so hetzt. Indem er sich mehr auf den Moment konzentriert, kann er sich erlauben, den Morgen ruhiger zu gestalten, was ihm helfen würde, entspannter in den Tag zu starten.

3. Streng dich an!
Dieser Antreiber fordert von uns, uns immer mehr anzustrengen und nie aufzugeben. Menschen mit diesem inneren Antrieb glauben, dass Erfolg nur durch harte Arbeit erreichbar ist. Sie neigen dazu, sich ständig anzustrengen und auch dann weiterzumachen, wenn sie eigentlich eine Pause bräuchten.

  • Positive Seite: Hohe Motivation und Ausdauer.
  • Negative Seite: Gefahr der Überarbeitung, ständige Unzufriedenheit mit dem Erreichten, Burnout-Risiko.

Beispiel: Sarah arbeitet an einem Projekt, das sie bereits mehrere Wochen beschäftigt. Sie hat viel erreicht, ist jedoch körperlich und geistig erschöpft.
Antreiberverhalten: Obwohl Sarah merkt, dass sie eine Pause braucht, zwingt sie sich weiterzuarbeiten. Sie hat das Gefühl, dass sie nur dann Erfolg haben wird, wenn sie sich ununterbrochen anstrengt. Selbst wenn sie müde ist, fühlt sie sich schuldig, wenn sie nicht weiterarbeitet, und glaubt, dass sie nicht hart genug arbeitet.
Alternative Handlung: Sarah könnte sich erlauben, regelmäßige Pausen einzulegen und auf die Signale ihres Körpers zu hören. Anstatt sich zu überarbeiten, könnte sie ihre Arbeit aufteilen und sich bewusst Erholungsphasen gönnen. So bleibt sie auf lange Sicht produktiver und gesünder.

4. Mach es allen recht!
Der Antreiber „Mach es allen recht“ fordert uns auf, die Erwartungen anderer zu erfüllen und Konflikte zu vermeiden. Menschen mit diesem Antreiber haben oft das Bedürfnis, von anderen gemocht und akzeptiert zu werden, und neigen dazu, ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten anderer zurückzustellen.

  • Positive Seite: Empathie, Fähigkeit, gut mit anderen auszukommen.
  • Negative Seite: Verlust der eigenen Bedürfnisse, Konfliktscheu, Schwierigkeiten, „Nein“ zu sagen.

Beispiel: Markus ist eingeladen, am Wochenende Freunden beim Umzug zu helfen, obwohl er sich eigentlich erholen wollte. Zusätzlich hat ihn ein anderer Freund gefragt, ob er ihn bei einem persönlichen Projekt unterstützen kann.
Antreiberverhalten: Markus sagt beiden zu, obwohl er eigentlich Zeit für sich selbst bräuchte. Er fühlt sich unwohl bei dem Gedanken, jemanden zu enttäuschen, und stellt die Bedürfnisse der anderen über seine eigenen. Am Ende fühlt er sich überfordert und ärgert sich über die Verpflichtungen.
Alternative Handlung: Markus könnte sich bewusst fragen, ob er wirklich die Zeit und Energie hat, beiden Anfragen gerecht zu werden. Es wäre hilfreich, wenn er lernt, „Nein“ zu sagen, ohne schlechtes Gewissen, und sich Zeit für seine eigenen Bedürfnisse nimmt.

5. Sei stark!
„Sei stark“ ist ein Antreiber, der uns dazu anhält, Gefühle zu unterdrücken und immer die Kontrolle zu behalten. Menschen mit diesem Antreiber wirken oft unabhängig und selbstständig, haben jedoch Schwierigkeiten, Schwächen oder Emotionen zu zeigen.

  • Positive Seite: Hohe Selbstkontrolle, Belastbarkeit.
  • Negative Seite: Emotionale Distanz, Unfähigkeit, Hilfe anzunehmen, Einsamkeit.

Beispiel: Anna hat gerade eine schwierige Trennung hinter sich. Ihre Freunde bieten ihr Unterstützung an und wollen für sie da sein.
Antreiberverhalten: Anna lehnt die Hilfe ab und versucht, alles allein zu bewältigen. Sie zeigt ihren Freunden nicht, wie sehr sie leidet, weil sie den inneren Druck spürt, „stark“ zu sein und keine Schwäche zu zeigen. Sie redet sich ein, dass sie alles alleine durchstehen muss, obwohl sie sich innerlich leer und traurig fühlt.
Alternative Handlung: Anna könnte erkennen, dass es keine Schwäche ist, Unterstützung anzunehmen. Indem sie ihre Gefühle mit ihren Freunden teilt, könnte sie emotionale Entlastung finden und erkennen, dass sie nicht alles alleine tragen muss.

Wie können wir mit diesen Antreibern umgehen?

Der erste Schritt im Umgang mit diesen Antreibern ist, sie zu erkennen und zu akzeptieren. Indem wir uns bewusst machen, welcher Antreiber bei uns am stärksten ausgeprägt ist, können wir unsere Verhaltensmuster besser verstehen und reflektieren.

Hier sind einige Ansätze, um mit den Antreibern umzugehen:

  • Selbstreflexion: Hinterfrage regelmäßig, ob dein Verhalten durch einen Antreiber motiviert ist. Zum Beispiel: „Warum hetze ich gerade? Ist das wirklich nötig?“
  • Grenzen setzen: Lerne, „Nein“ zu sagen und dich deiner eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden.
  • Fehler zulassen: Akzeptiere, dass niemand perfekt ist, und erlaube dir selbst, Fehler zu machen.
  • Hilfe annehmen: Wenn du den Antreiber „Sei stark“ hast, kann es hilfreich sein, sich bewusst in Situationen zu bringen, in denen du Unterstützung suchst.

Antreiber als Chance zur persönlichen Entwicklung

Die fünf Antreiber der Transaktionsanalyse sind verankerte Muster, die unser Verhalten stark beeinflussen. Sie haben positive Seiten, können aber auch zu Stress und Unzufriedenheit führen, wenn sie übermäßig ausgeprägt sind. Indem wir sie erkennen und hinterfragen, können wir bewusster mit ihnen umgehen und uns so freier und authentischer entfalten. Der Schlüssel liegt darin, Balance zu finden und unsere Antreiber als hilfreiche Werkzeuge zu nutzen, anstatt uns von ihnen beherrschen zu lassen.

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