Selbstfürsorge ist Professionalität: Innere Führung in Zeiten hoher Belastung

Die Spannung zwischen Anspruch und innerer Stabilität

Fachkräfte in Beratung, Pädagogik oder Führung bewegen sich in einem Feld, das hohe Anforderungen stellt. Sie sind gefordert, präsent zu sein, Orientierung zu geben, Entscheidungen zu treffen und in schwierigen Situationen Stabilität zu vermitteln. Diese Aufgaben verlangen innere Klarheit und emotionale Verfügbarkeit. Gleichzeitig prägen Termindruck, Verantwortung und die emotionale Dichte zwischenmenschlicher Begegnungen den Alltag. In diesem Spannungsfeld verliert die eigene Selbstfürsorge leicht an Gewicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nebensächlich wäre. Vielmehr ist sie eine unverzichtbare Grundlage, um langfristig gesund und professionell wirksam zu bleiben.

Selbstführung als Prozess

Selbstführung beschreibt die Fähigkeit, das eigene Denken, Fühlen und Handeln bewusst wahrzunehmen und zu gestalten. Dabei handelt es sich nicht um eine einmal erlernte Technik, eher um einen dynamischen Prozess, der immer wieder neu eingeübt werden will. Wer die eigenen Gedanken klärt, Prioritäten sortiert und realistische Ziele entwickelt, schafft eine kognitive Basis für Stabilität. Wer Gefühle wahrnimmt und ihre Wirkung einordnet, stärkt die emotionale Selbstregulation. Und wer Routinen aufbaut, die Gesundheit und Entlastung fördern, verankert Selbstführung im Verhalten. Diese Dimensionen greifen ineinander und ermöglichen es, die eigene Präsenz auch unter Belastung aufrechtzuerhalten.

Salutogenese: Gesundheit verstehen, handhaben, gestalten

Ein theoretischer Rahmen, der Selbstführung vertieft, ist das Modell der Salutogenese von Aaron Antonovsky. Es verschiebt die Perspektive: Weg von der Frage, warum Menschen krank werden, hin zu der Frage, was Gesundheit stärkt. Im Mittelpunkt steht das Kohärenzgefühl, das drei Dimensionen umfasst.

  1. Verstehbarkeit bedeutet, dass Anforderungen nachvollziehbar erscheinen und in einen Zusammenhang eingeordnet werden können.
  2. Handhabbarkeit beschreibt die Überzeugung, über ausreichend Ressourcen zu verfügen, um mit Belastungen umzugehen.
  3. Sinnhaftigkeit schließlich verweist darauf, dass sich Anstrengung lohnt, weil die Aufgabe einen Wert hat.

Fachkräfte, die ihre Arbeit als nachvollziehbar, bewältigbar und bedeutsam erleben, verfügen über eine Ressource, die weit über kurzfristige Stressbewältigung hinausgeht. Selbstführung und Psychohygiene tragen entscheidend dazu bei, dieses Kohärenzgefühl zu entwickeln und zu stärken.

Psychohygiene als professionelle Kompetenz

Psychohygiene bezeichnet die bewusste Pflege der seelischen Gesundheit. Sie ist so selbstverständlich wie die Körperhygiene und ebenso unverzichtbar. Dazu gehört, die eigenen Werte und inneren Muster zu reflektieren, um sich nicht in Fremdansprüchen zu verlieren. Ebenso wichtig ist es, Belastungen wahrzunehmen, ihre Wirkung zu erkennen und passende Strategien für Ausgleich zu entwickeln. Auch die Gestaltung von Grenzen gehört dazu: Verantwortung zu übernehmen, ohne in Überforderung zu geraten. Und schließlich braucht es emotionale Selbstfürsorge: die Bereitschaft, Gefühle nicht abzuwerten, sondern sie als Signale ernst zu nehmen und sich selbst mit Empathie zu begegnen. All dies sind keine Nebenaspekte, sondern zentrale Elemente professioneller Qualität.

Praxisimpuls: Der Selbstfürsorge-Kompass

Ein praktisches Werkzeug, um Selbstfürsorge greifbar zu machen, ist der Selbstfürsorge-Kompass. Er umfasst vier Felder, die miteinander in Beziehung stehen:

Das Eintragen kleiner, alltagstauglicher Gesten in jedes Feld macht deutlich, welche Ressourcen verfügbar sind. Entscheidend ist weniger die Größe der Schritte als ihre Regelmäßigkeit. Gerade kleine Handlungen, wenn sie bewusst wiederholt werden, schaffen einen verlässlichen Rahmen für innere Stabilität.

Psychische Gesundheit in der Führung

Besonders in Leitungsrollen zeigt sich, wie eng Selbstführung und Teamführung miteinander verbunden sind. Führungskräfte, die achtsam mit ihren eigenen Ressourcen umgehen, senden ein starkes Signal an ihr Umfeld. Sie machen deutlich, dass Gesundheit und Wirksamkeit zusammengehören. Indem Belastungen früh wahrgenommen werden und ein offener Umgang mit Grenzen möglich ist, entsteht eine Kultur, die Vertrauen und Leistung miteinander verbindet. Psychische Gesundheit in der Führung ist daher nicht allein Privatsache, sondern eine wichtige Qualitätsfrage für Organisationen.

Einladung zur Veranstaltung

Um diese Dimensionen praxisnah zu vertiefen, laden wir herzlich ein zu unserer Fortbildung:

Psychische Gesundheit in Führung – Erkennen. Handeln. Schützen.

Wir befassen uns darin mit der Frage, wie Belastungen frühzeitig erkannt werden können, sowohl bei sich selbst als auch bei Mitarbeitenden. Wir entwickeln Strategien, die Ressourcen im Führungsalltag stärken, und diskutieren, wie eine Kultur entstehen kann, die sowohl Stabilität als auch Leistungsfähigkeit im Blick behält. Die Veranstaltung verbindet Theorie mit Reflexionsräumen und Werkzeugen, die sich in den Führungsalltag übertragen lassen.

Mehr Informationen und Anmeldung: Fortbildung: Psychische Gesundheit in Führung

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